Positivismus

Positivismus
   (lat. = eine Auffassung, die vom Gegebenen ausgeht), eine auf Tatsachen u. Gesetzmäßigkeiten konzentrierte philosophische Auffassung, programmatisch bei A. Comte († 1857) unter strikter Absage an Metaphysik formuliert. Überprüfbare Sinneserfahrung überragt die Vernunfterkenntnis bei weitem; die ”Wesensaussagen“ (der Metaphysik) sind den Sinneserfahrungen nicht zugänglich, also höchstens subjektive Meinungen. Mit seiner Orientierung am Positiven, Gegebenen, Tatsächlichen, mit der Forderung nach Überprüfbarkeit u. mit den Bemühungen, die Beziehungen der Tatsachen in Gesetzmäßigkeiten zu ordnen, versteht sich der P. als philosophische Wissenschaft im Sinn der Naturwissenschaften (eindimensionale Erkenntnis, Einengung der Wirklichkeitsbereiche, Ablehnung der Frage nach dem Grund). Der sog. Neopositivismus (L. Wittgenstein † 1951, R. Carnap †1970, B. Russell †1970) forderte die Begrenzung der Philosophie auf die Ausarbeitung der Logik im Sinn des P. (Programm der ”Wissenschaftssprache“) u. ist im angelsächsischen Bereich bis heute sehr wirksam. ”Der P. ist eine heute weit verbreitete Haltung, die lebt vom Eindruck der unüberwindbaren Vielfalt der Religionen, der metaphysischen u. ethischen Systeme u. der ›Sicherheit‹ der ›exakten‹ Wissenschaft, wo sie sich auf das experimentell Vorzeigbare beschränkt. Der P. übersieht, daß er als Theorie u. System sich selber aufhebt (wie jeder Skeptizismus), daß er im konkreten menschlichen Leben nicht durchführbar ist, weil er eine ethische Forderung nicht wirklich begründen kann, daß dem tiefer Blickenden hinter der Vielfalt der Meinungen unter verschiedener Terminologie u. wechselndem geschichtlichem Gewand eine tiefere Einheit menschlicher Grundüberzeugungen durchaus metaphysischer u. religiöser Art sich enthüllt, daß es eine transzendentale Erfahrung gibt, die sogar der tragende Grund der Naturwissenschaft ist (auch wo sie es nicht weiß) u. sich in Logik, Ontologie, Ethik so auslegt, daß ihre Sicherheit andersartig als die der positiven Wissenschaften ist, aber als ursprünglich vollzogene nicht geringer (Transzendenz)“ (Rahner-Vorgrimler 1961, 293).

Neues Theologisches Wörterbuch. . 2012.

Игры ⚽ Поможем написать курсовую

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Positivismus — (neulat.), Bezeichnung einer wissenschaftlichen Richtung, die im Gegensatz zu apriorischen Konstruktionen oder unsichern Annahmen sich an das Tatsächliche hält. Im philosophischen Sinne wird die Philosophie A. Comtes (s. d.), auch wohl Stuart… …   Meyers Großes Konversations-Lexikon

  • Positivismus — Positivismus, philos. Richtung, die sich an dem Feststehenden (Positiven) genügen läßt und nicht weiter darüber hinausstrebt; insbes. Bezeichnung der philos. und sozialistischen Schule A. Comtes (s.d.), welche, unter Verwerfung der Metaphysik,… …   Kleines Konversations-Lexikon

  • Positivismus — Der Positivismus ist eine Richtung in der Philosophie, die fordert, Erkenntnis auf die Interpretation „positiver Befunde“ zu beschränken. Das Wort „positiv“ wird dabei nicht im Sinne von „angenehm“, sondern wie in den Naturwissenschaften… …   Deutsch Wikipedia

  • Positivismus — Po|si|ti|vis|mus 〈[ vı̣s ] m.; ; unz.〉 philosophische Lehre, die nur auf dem Gegebenen, Tatsächlichen, dem „Positiven“, beruht u. metaphysische Erörterungen ablehnt * * * Po|si|ti|vịs|mus, der; : Philosophie, die ihre Forschung auf das Positive …   Universal-Lexikon

  • Positivismus und Wiener Kreis: Abkehr von der Metaphysik —   Der Aufstieg positivistischer Ideen und Richtungen ist eng mit der immer rascheren Entwicklung und Ausbreitung naturwissenschaftlicher Forschung und deren Widerhall in der Philosophie der letzten 150 Jahre verknüpft. Die Bezeichnung… …   Universal-Lexikon

  • Positivismus — Po·si·ti·vịs·mus [ v ] der; ; nur Sg; eine philosophische Theorie, die sagt, dass man nur solche Dinge wissenschaftlich erforschen kann, die man mit den Sinnen wahrnehmen kann || hierzu Po·si·ti·vịst der; en, en; po·si·ti·vịs·tisch Adj …   Langenscheidt Großwörterbuch Deutsch als Fremdsprache

  • Positivismus — Po|si|ti|vis|mus 〈 [ vı̣s ] m.; Gen.: ; Pl.: unz.; Philos.〉 philos. Lehre, die nur auf dem Gegebenen, Tatsächlichen, dem »Positiven«, beruht u. metaphys. Erörterungen ablehnt …   Lexikalische Deutsches Wörterbuch

  • Positivismus — 1. Begriff: Bezeichnung für eine Position, der zufolge sich die ⇡ Realwissenschaften auf die Erforschung der beobachtbaren Sachverhalte („Positiva“) beschränken sollen. Begründer ist Hume; der Name selbst geht auf Comte zurück, der das Drei… …   Lexikon der Economics

  • Positivismus — Po|si|ti|vis|mus [...v...] der; <zu ↑positiv u. ↑...ismus> Philosophie, die ihre Forschung auf das Positive, Tatsächliche, Wirkliche u. Zweifellose beschränkt, sich allein auf Erfahrung beruft u. jegliche Metaphysik als theoretisch… …   Das große Fremdwörterbuch

  • Positivismus — Po|si|ti|vịs|mus, der; (philosophische Position, die allein das Tatsächliche als Gegenstand der Erkenntnis zulässt) …   Die deutsche Rechtschreibung

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”